GFFA: Welternährung in Zeiten von Pandemie und Klimawandel

GFFA: Welternährung in Zeiten von Pandemie und Klimawandel

Auf dem virtuellen Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) diskutieren derzeit Fachleute aus der ganzen Welt über resiliente Ernährungssysteme in Zeiten von Pandemie und Klimawandel.

Eine Filmkamera vor einer Wand mit dem GFFA-Logo
Erstmals findet das Global Forum for Food and Agriculture vollständig digital statt.

Seit Montag findet das 13. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) statt – erstmals vollständig digital. Die internationale Konferenz zu zentralen Zukunftsfragen der globalen Land- und Ernährungspolitik steht in diesem Jahr im Zeichen von Pandemie und Klimawandel. Unter den mehr als 2.000 Teilnehmenden sind rund 90 Agrarministerinnen und -minister. Veranstaltet wird das GFFA vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Kooperation mit dem Senat von Berlin, der Messe Berlin GmbH und dem GFFA Berlin e.V.

Pandemie macht Probleme sichtbar

Einer der Schwerpunkte in den ersten drei Tagen war der Umgang in Ballungsräumen mit den Einflüssen von Krisen auf die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Guido Santini, Programmkoordinator bei der Welternährungsorganisation, verwies in diesem Zusammenhang auf die Initiative „Green Cities“ und das Ziel, nach der Krise verbessert wieder aufzubauen. Susanne Schlaack, Referatsleiterin im BMEL, erinnerte an die unter deutschem EU-Ratsvorsitz im vergangenen Jahr entwickelten Beschlüsse zur Relevanz der Nahrungssysteme, die in diesem Frühjahr verabschiedet werden sollen. „COVID-19 mit seinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen zeigt nur deutlicher die Situation, die auch vorher schon da war“, betonte sie.

Das Konzept des „City Region Food System“ (CFRS) stellte Alison Blay-Palmer von der Wilfried Laurier University vor. Darin warb sie für eine integrierte und nachhaltige Flächenentwicklung und dafür, Verbindungen zwischen ländlichem und städtischem Raum zu etablieren, von denen beide Bereiche profitieren. Dabei sollten die Maßnahmen von der Produktion bis zum Konsum koordiniert werden. Für sieben Pilotstädte gebe es inzwischen entsprechende Werkzeuge und Anleitungen, um die Verwaltungen bei der Entwicklung von Strategien zu unterstützen.

Dass das CFRS nicht nur in der Pandemie, sondern auch in der Klimafolgenabwehr wichtig sein kann, zeigt das Beispiel Madagaskar. Überschwemmungen, Erdrutsche, Zyklone, Dürren, Hitzewellen und Waldbrände beeinträchtigen dort die Landwirtschaft. Synergien und konsistente Konzepte für die Krisenreaktion seien wesentlich, berichtete Vololontsoa Volatiana Razafindratoanina als Vertreterin des dortigen Landwirtschaftsministeriums. Auch aus Ecuador wurde deutlich, dass die Herausforderungen regional unterschiedlich sind. Dort habe man zunächst geschaut, wo die verwundbarsten Teile der Bevölkerung leben, und wolle nun sicherstellen, dass für diese auch in Krisen eine stabile Nahrungsversorgung gewährleistet werden könne, erläuterte David Jácome Polit, Chief Resilience Officer der Stadtverwaltung von Quito.

Welthunger nimmt wieder zu

Die Bedeutung des Klimawandels für die Landwirtschaft und umgekehrt hob Janusz Wojciechowski von der EU-Kommission hervor. Johan Swinnen, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFRI), warnte: „Die Welt ist nicht auf Kurs, um Hunger und Mangelernährung zu eliminieren.“ Die Zahlen der Betroffenen stiegen inzwischen wieder an. „Die Armen werden am meisten unter dem Klimawandel leiden.“ Aber auch in Europa müssten das EU-Programm „From Farm to Fork“ und der „Green Deal“ zu Handlungen im gesamten Nahrungssystem führen. Veränderungen im Wahlverhalten von Verbrauchern und Industrie müssten unterstützt und Subventionssysteme überdacht werden.

„Die Landwirte stehen beim Klimawandel an der Front und spüren das seit Jahren“, betonte Kanadas Landwirtschaftsministerin Marie-Claude Bibeau. Die Pandemie habe die Schwächen im System sichtbar gemacht. Immer stärker suchten die Menschen nun nach lokalen und nachhaltigen Wirtschaftskonzepten. Australiens stellvertretender Minister für Fischerei und Forstwirtschaft, Jonathan Duniam, sah eine zentrale Aufgabe darin, Wissenschaft und Technologie auf das gesamte Nahrungssystem anzuwenden, um Dinge smarter zu bewältigen als bislang. Beispielhaft verwies er auf eine in Australien entwickelte Futterzusatzalternative, die auf Algen basiert statt auf Getreide.

Herausforderung für die Saatgutzüchtung

Ein weiterer Schwerpunkt des Forums liegt beim Thema Saatgut. Gefordert sei Saatgut, dass nicht nur mehr Ertrag verspricht, sondern auch die Folgen des Klimawandels gut verkrafte, erklärte Sowmini Sunkara von der Indo-German Cooperation on Seed Sector Development. Da die Hälfte aller Nahrung durch kleinbäuerliche Betriebe und Fischer erzeugt werde, müsse sichergestellt werden, dass modernes Saatgut auch alle landwirtschaftlich Tätigen erreiche, forderte Friedrich Wacker vom BMEL.

So unterstütze Deutschland beispielsweise Äthiopien durch Kühlräume für Saatgutbanken und Indien mit Geld und Fachwissen. Rebeka Gebretsadik, Saatgutexpertin im GIZ-Programm zur Förderung der nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktivität in Äthiopien, beschrieb konkrete Maßnahmen: genetisch vielfältigeres Saatgut, die Weitergabe praktischer Anleitungen zur Saatgutvermehrung, rigoroses Erproben neuer Sorten und die Vermehrung dieser, um damit alle kleinbäuerlichen Betriebe erreichen zu können. Viele Menschen in Äthiopien hätten Saatgut so als zusätzliche Einnahmequelle entdeckt.

Doch nicht immer reiche das: „Wir müssen Landwirte auch davon überzeugen, dass eine bessere Anpassung in ihrem Interesse ist und dass sie die neuen Sorten akzeptieren“, ergänzte Taye T Mindaye, Direktor des Äthiopischen Instituts für Agrarforschung. Dieter Rücker vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter warb in diesem Zusammenhang für das deutsche System der Sortenzertifizierung. Es habe sich bewährt und gebe die Sicherheit, dass eine Sorte auch die versprochenen Eigenschaften habe und dass das Saatgut keine Verunreinigungen oder gar Krankheiten enthalte.

Das Global Forum for Food and Agriculture läuft noch bis einschließlich Freitag. Höhepunkt ist die Berliner Agrarministerkonferenz am 22. Januar, zu der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mehr als 80 Agrarminister aus aller Welt begrüßen wird.

Das Programm und der kostenlose Livestream sind zugänglich unter www.gffa-berlin.de.

bl